So geht es MyPaketshop in der Corona-Krise

Grenzschließung, Verzollung, geklaute Desinfektionsmittel – die Corona-Krise trifft auch MyPaketshop hart. Wie es zurzeit läuft und wie die Stimmung in der Firma ist, verrät unser telefonisch geführtes Interview mit Simon Kühn.

Wie haben Sie erfahren, dass am 16.03 die Grenzen zwischen Deutschland und der Schweiz für die meisten Personen geschlossen werden?

Das war am Sonntag den 15. März. Meine Kinder, meine Frau und ich saßen im Auto, um in den Wald zu fahren. Wir wollten einfach ein wenig spazieren gehen und anschließend Pizza holen, um einen gemütlichen Sonntagabend zu verbringen. Da kamen im Radio die Nachrichten und es hieß, dass ein Gerücht im Umlauf wäre, nachdem die Regierung plane, die Grenzen zu schließen. Ich hab dann im Wald aufs Handy geschaut und in diversen WhatsApp-News-Gruppen grassierte diese Meldung ebenfalls. Am späten Nachmittag wurde klar, dass die Meldung nicht nur ein Gerücht war.

Was haben Sie in diesem Moment gedacht?

Nun, mit dem gemütlichen Abend war es da natürlich vorbei. Wobei ich nicht vollkommen überrascht war. Ich hatte es erwartet. Aber als dann die Grenzschließung konkret wurde, da dachte ich: Mist!

Kurzfristig wollte ich sogar noch am Sonntag aufmachen, aber in Baden-Württemberg sind die gesetzlichen Regelungen zur Sonntagsöffnung extrem scharf. Hätte ich MyPaketshop geöffnet, wäre ich um eine saftige Strafe nicht herumgekommen. Auch die Versicherung hätte nicht gezahlt, falls irgendetwas im Ladengeschäft passiert wäre. Deshalb öffnete ich erst wieder am Montag. Und das mit schwerem Herzen, denn ich weiß, dass es bei den meisten meiner Kunden um mehr geht, als nur ein paar Euro zu sparen. Sie brauchen bestimmte Medikamente, die sie so nur in Deutschland bekommen. Oder Sie haben Sonderanfertigungen in Auftrag gegeben, die sie nun nicht abholen können. Wir haben auch viele Tierfreunde als Kunden, die spezielles Futter zu uns bestellen, was es in der Schweiz einfach nicht gibt.

MyPaketshop lebt von den Grenzgängern, welche Maßnahmen haben Sie als Erstes ergriffen?

Schon vor Grenzschließung hatten wir unsere Hygiene-Maßnahmen verschärft. Es stehen an allen Kassen Desinfektion; natürlich auch auf dem WC – wobei es da schon öfter geklaut wurde. Zweimal am Tag wird das gesamte Geschäft gereinigt und mehrmals am Tag desinfizieren wir die Ladentheke sowie die Touchscreens. Auch auf die Abstandsregeln achten wir.

Als dann die Grenzschließung kam, überlegte ich mir als erste Maßnahme, dass wir die Inklusiv-Lagerdauer ausweiten. Sie ist bei uns eh schon sehr großzügig, doch jetzt haben wir sie auf die Zeit der Grenzschließung ausgedehnt. Wir dürfen ja unserer Kunden und Kundinnen nicht dafür bestrafen, ihre Pakete nicht abholen zu können.

Daneben haben wir sofort Informationen auf unserer Webseite geschaltet. Wir richteten einen Newsticker ein, der über alle relevanten Entwicklungen informiert. Außerdem versenden wir Newsletter an unsere Kunden, die über den Stand der Dinge Auskunft geben. Dabei sind unsere Informationen so aktuell, dass wir den Medien teilweise voraus sind. Ich erinnere mich an unseren Newsletter von letzter Woche. Darin berichteten wir, dass der Schweizer Zoll für die Einreise mit Paketen und Waren ab sofort eine Busse verlangt. Den sendeten wir am 1. April und einige Kunden dachten, es wäre ein schlechter Aprilscherz. Da waren wir wirklich schneller als die Medien, die erst zwei Tage später über dieses neue Verfahren an der Grenze berichteten.

Neben diesen ganzen Angeboten, fragte ich mich: Wie können unsere Kunden und Kundinnen an ihre Pakete kommen? Da dachte ich an Versand. Aber der geht nur, wenn ich die Sachen ordnungsgemäß verzolle. Da habe ich dann alles Entsprechende in die Wege geleitet.

Der Verzollungsservice ist jetzt für viele Kunden besonders interessant. Wie funktioniert er?

Es ist im Grunde genommen sehr einfach. Sie besuchen unsere Verzollungs-Webseite und füllen dort online den Zollabwicklungsauftrag aus. Sie können dort auch die Online-Shop-Rechnung hochladen und alles an uns digital übermitteln.

Müssen die Kunden irgendetwas besonders beachten, wenn Sie Ihre Bestellungen durch MyPaketshop verzollen lassen wollen?

Es ist tatsächlich so, dass einige Kunden nicht verstehen, weshalb wir für die Verzollung ihrer Bestellung unbedingt die Rechnung vom Online-Shop brauchen. Sie denken, wenn sie die Grenze privat passieren, genügt dem Grenzbeamten beispielsweise auch eine Zahlungsbestätigung von Paypal. Das ist im privaten Reiseverkehr okay, doch da MyPaketshop die Sachen gewerblich in die Schweiz ausführt, müssen wir eine Rechnung vorweisen. Für Gewerbe gelten nämlich viel strengere Regeln.

Wird es den Verzollungsservice auch nach dem Ende der Grenzschließung geben?

Es wird ihn weiter geben, aber die Konditionen müssen überarbeitet werden. Zurzeit agiere ich nämlich nicht kostendeckend, sondern subventioniere den Service. Die Kosten sind wesentlich höher, als es manch einer glauben mag. Aber in dieser Situation ist es mir wichtiger, dass meine Kunden an dringend benötigte Bestellungen kommen.

Wie geht es Ihren Mitarbeitern?

(Simon Kühn reicht das Telefon an eine Mitarbeiterin weiter)

Ich bin froh einen Chef zu haben, der alles dafür tut, dass es hier weiter geht. Das beruhigt mich und entsprechend ist die Stimmung im Team gut.

(wieder Simon Kühn)

Ich habe inzwischen den Antrag auf Kurzarbeitergeld für meine Angestellten gestellt. Wobei das nicht so einfach war, denn vorher musste ich eine Anzeige abgeben, dass ich Kurzarbeit veranlassen muss. Die wurde dann geprüft. Erst wenn die Prüfung überstanden ist, kann der eigentliche Antrag gestellt werden. Deutschland ist wahrlich ein Bürokratiemonster, auch wenn die Politiker schnelle Lösungen versprachen.

Des Weiteren sind unsere Minijobber aktuell nicht mehr da. Die Festangestellten lasse ich im Wechsel zu je 5 Stunden arbeiten. Und klar, es herrscht große Verunsicherung. Doch ich versuche Alles, dass es hier trotzdem wieder weiter geht.

Was erwarten/hoffen Sie, wann die Grenzen wieder geöffnet werden?

Ich hoffe auf Juni. Jetzt im April wird es sicher nichts mehr werden. Aber ich schätze, dass es im Mai die ersten Lockerungen geben wird.

Nun haben Sie auch eine Familie, wie gehen Sie privat mit der Corona-Krise und den Einschränkungen um?

Meine Kinder verstehen beispielsweise nicht, warum sie nicht auf den Spielplatz dürfen oder jetzt bei dem Wetter nicht in der Eisdiele sitzen können. Da meine große Tochter bereits in die Schule geht, müssen wir den Unterricht zu Hause abhalten. Das machen meine Frau oder ich aber nicht nebenbei. Doch wir bekommen es hin. Außerdem trifft es andere Familien viel, viel härter als uns. Da will ich wirklich nicht jammern. Wir haben uns und das gute Wetter hebt ebenfalls die Stimmung.

Durch das Verzollungsprojekt bin ich zudem belastet und das schlägt sich dann auch privat nieder. Doch auf der anderen Seite bin ich froh, dass mein Team hier zusammen ist und dass nach wie vor die Stimmung gut ist. Und ich bin absolut überzeugt, dass wir gemeinsam diese Krise meistern.


Das Interview wurde am 07. April telefonisch geführt. Nächste Woche im Blog werden wir dann CamelCamelCamel vorstellen. Was das ist? Wir verraten es am 16. April.